In einer Zeit, in der die richtigen Entscheidungen komplexer denn je erscheinen, bot das 27. Prothetik Symposium von Merz Dental (Abb. 1) unter dem Motto „Lass uns reden“ mit seinen Themen und den zahlreichen Teamvorträgen Orientierung und Inspiration. Durch das Programm navigierte das Moderatoren-Duo Prof. Dr. Jeremias Hey und Ztm. Hans-Jürgen Stecher (Abb. 2). Den rund 300 Teilnehmern bot sich am 30. November 2024 ein erkenntnisreicher Tag voller Einblicke und Innovationen in die Prothetik.


Checklisten
Klare Prozesse für hohe Qualität und Effizienz! Wer bessere Ergebnisse erzielen möchte, sollte seine Prozesse unter die Lupe nehmen – und Checklisten sind dabei unverzichtbare Tools, so stellten es Prof. Dr. Jan-Frederik Güth (Abb. 3) und Ztm. Stecher in dem Eröffnungsvortrag dar. Durch strukturierte Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker, unterstützt von Ästhetik-Checklisten und phonetischen Analysen, lassen sich die Komplexität reduzieren und neue Standards setzen. Prof. Güth sagte: „Bereits die Investition einer Stunde pro Tag in die Optimierung von Abläufen spart auf Dauer erhebliche Zeit und Kosten, sowohl in der Praxis als auch im Labor!“

Dentale Persönlichkeit

Ztm. Otto Prandtner (Abb. 4) präsentierte auf beeindruckende Weise sein Konzept der „dentalen Persönlichkeit“, das sich an vier Basistypen orientiert: Symmetrie (Kopf-Typ), Asymmetrie (Herz-Typ), Balance (Bauch-Typ) und Charakter (Mut-Typ). Mit einer Mischung aus Funktionsdiagnostik-, Typ- und Gesichtsanalyse führt der Weg über ein Wax-up hin zu individuellen, biodynamischen Schienen oder definitiven Restaurationen. Anhand eines bewegenden Patientenfalls – Luis, ein junger Mann mit Depressionen – zeigte Ztm. Prandtner, wie emotionale Empathie, Kreativität und ein feines Gespür für Harmonie die Basis für eine maßgeschneiderte dentale Ästhetik bilden. Sein Ansatz unterstreicht: Maschinen können Technik liefern, aber echte Persönlichkeit entsteht durch das Verstehen und Korrigieren der individuellen Ausstrahlung jedes Patienten – natürlich auf der Basis von intensiver Patientenkommunikation.
Wo geht die 3D-Druck-Reise hin?
Rund 50 Prozent der Dentalbranche machen bereits Druck – im wahrsten Sinne! Mit einem Augenzwinkern zeigte Prof. Dr. Bogna Stawarczyk (Abb. 5) in ihrem Vortrag, wie vielseitig 3D-Drucktechnologien in der Zahnmedizin und -technik sind. Ob SLA- und DLP-Verfahren für Harze oder FFF-Technologie für Filamente: Der Fokus liegt auf validierten Workflows, die vom Drucken über Nachpolymerisation bis zur Reinigung präzise Ergebnisse liefern. Beeindruckend: Mit der neuen DPS-Technologie lassen sich Kronen chairside in nur acht Minuten drucken – an der LMU (München) getestet, aber noch ohne klinische Studien. Neben innovativen Werkstoffen wie PAEK und PET G/PLA betonte die Materialwissenschaftlerin die Wichtigkeit eines abgestimmten Post-Prozesses. Ihr Lese-Tipp: Dass interaktive digitale Lernbuch auf www.werkstoffkunde-kompendium.de.
Zahnärztin Dr. Wassiliki Ioanna Daskalaki (Abb. 6) widmete sich in ihrem Vortrag der Integration des 3D-Drucks in der Zahnarztpraxis und beleuchtete dessen Potenziale sowie Grenzen. Die Expertin für Digital Smile Design stellte fest, dass gedruckter Zahnersatz wie Kronen kostengünstig in der Praxis hergestellt werden kann – jedoch vor allem in klar definierten Bereichen sinnvoll ist.


„Game of Teeth”
Mit ihren Teleskop-Insights imponierten Ztm. Björn Pfeiffer und Ztm. Sven Bolscho (Abb. 7) durch eine eindrucksvolle Darstellung ihrer Zusammenarbeit bei High-End-Arbeiten mit kunststoffverblendeten Teleskopen. Sie zeigten den Wandel von Galvanoteleskopen hin zu voll digitaler Fertigung, bei der Teleskope mit einer Wandstärke von nur 0,3 mm gefertigt werden, um Platz für Verblendungen zu schaffen. Anhand ihres 10-Schritte-Prozesses verdeutlichten sie, wie Kosten und Personalaufwand durch präzise Fertigungsmethoden reduziert werden können. Taktiles und optisches Scannen bilden dabei die Grundlage für exaktes CAD-Design, unterstützt durch smarte Hilfsmittel wie 3D-Mäuse sowie stabile Stümpfe, glatte Spannflächen und ausreichend Platz für Scannadeln. Ihr Fazit: Digitalisierung steigert Qualität und Effizienz auch und vor allem bei Teleskoparbeiten, bietet Planungssicherheit und ist ein Schlüssel, um dem steigenden Kostendruck und Personalmangel erfolgreich zu begegnen.

Prothetik-Snacks beim 27. Prothetik Symposium
In der Mittagspause hieß es „Prothetik für zwischendurch“ – kompakt, innovativ und spannend! In knackigen 30-Minuten-Sessions präsentierten Experten wie Daniel Reinke neue Intraoralscankonzepte, Zt. Noah Ziga beleuchtete die digitale Totalprothetik mit dem Baltic Denture System. Ztm. Stefan Sander erklärte die zahntechnische Abrechnung digitaler Leistungen und Sebastian Pflesser bot einen faszinierenden Ausblick auf die Zukunft der dentalen Materialien. Die Teilnehmer erhielten schnelle, aber umfassende Inspirationen für ihren Alltag.
Digitale Totalprothetik

Prof. Dr. Jeremias Hey und Ztm. Frank Poerschke (Abb. 8) präsentierten faszinierende Anwendungsfälle ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit trotz 400 km Entfernung zueinander mit dem digitalen Totalprothetik-Konzept des Baltic Denture Systems. Der innovative dreistufige Workflow beginnt mit der Erfassung präziser Informationen über das Kausystem, wobei die Qualität des gesamten Prozesses stark von der Genauigkeit dieser ersten Phase abhängt. Die Technik der „Replica Denture“ dient zur Optimierung von Bisshöhe, Kieferrelation und Kauebene anhand einer Analyse der alten Prothese. Digital bedeutet in diesem Kontext einen kreativen Umgang mit Herausforderungen und intensivere Zeit für die Informationsverarbeitung sowie die Gewinnung von verlorengegangenen Informationen. Der kreativ-menschliche Prozess gerät dabei in den Vordergrund.
German Crowns in zwei Sitzungen
Ztm. Andreas Leimbach und Ztm. Andreas Nusser (Abb. 9) präsentierten in ihrem Teamvortrag eine innovative Lösung für die wirtschaftliche Fertigung von Teleskopen, die in nur zwei Terminen abgeschlossen werden kann. Ihr German Crowns-Konzept transformiert die Herstellung von Teleskopen durch die Kombination digitaler Technologien und präziser Fertigungsmethoden, was eine perfekte Passgenauigkeit und Funktionalität gewährleistet. Dieser 2-stufige Ästhetikansatz spart laut Ztm. Nusser nicht nur Zeit und Ressourcen im Labor, sondern sorgt auch für exakte Ergebnisse, die den hohen Ansprüchen der modernen Zahntechnik gerecht werden. Im Vergleich zu konventionellem teleskopierenden Zahnersatz, der oft mehrere Termine erfordert und dadurch den Aufwand und Kosten für Patienten sowie Zahnärzte erhöht, bietet dieses Konzept von Ztm. Leimbach eine erhebliche Effizienzsteigerung. Der Einsatz des Laser-Melting-Prozesses in der dentalen Hybridfertigung ermöglicht es, individuelle Patientenanforderungen präzise zu erfüllen und den Workflow deutlich zu optimieren.


Das Emergenzprofil
Zahnärztin Dr. Insa Herklotz und Ztm. Andreas Kunz (Abb. 10) präsentierten einen fesselnden Teamvortrag zum Thema implantatgetragener Zahnersatz, mit einem besonderen Fokus auf das Emergenzprofil als interdisziplinäre Herausforderung für das Behandlungsteam. Sie erläuterten die entscheidenden Faktoren für die langfristige Stabilität des periimplantären Weichgewebes, darunter die Implantatposition, der Durchmesser des Implantats, die Implantat-Abutment-Verbindung, der Zeitpunkt der Ausformung und das Design der Kronenkontur. Besonders betont wurde von Dr. Herzklotz die Bedeutung der 3D-Positionierung und der Abstand zwischen benachbarten Implantaten. Studien zeigten, dass eine Periimplantat-Weichgewebsdicke von über 3 mm mit einem geringeren Knochenverlust assoziiert ist, während eine unzureichende Höhe von mehr als 2 mm zu erhöhtem Plaqueaufbau und Entzündungen führen kann. Der Vortrag hob hervor, dass eine präzise Planung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Zahnärztin und Zahntechniker entscheidend sind, um ein Ergebnis zu erzielen, das dem natürlichen Vorbild möglichst nahekommt.
Save the Date: 28. Prothetik Symposium
Das 28. Prothetik Symposium findet am 29.11.2025 wieder in Berlin im Marriott Hotel statt.
Teilnehmer-Feedback vom 27. Prothetik Symposium
Andreas Mörtenkötter-Steinhoff, MS Dental (Abb. 11, links): „Zum ersten Mal waren wir beim Prothetik Symposium in Berlin dabei und waren begeistert von der Vielfalt und Tiefe der Vorträge. Die breite Themenpalette regte zahlreiche Diskussionen an. Toll war, dass wir in den ausgiebigen Pausen direkt mit den Referenten ins Gespräch kamen und offene Fragen klären konnten. In den Mittagsworkshops haben wir uns strategisch aufgeteilt, um alle relevanten Prothetik-Informationen gemeinsam zu sammeln. Die Veranstaltung war nicht nur fachlich ein Highlight, sondern auch kulinarisch ein Genuss, ergänzt durch ein gelungenes Get-Together. Wir freuen uns schon darauf, beim nächsten Mal wieder dabei zu sein!“

